Montag, 24. August 2015

Karlsruher Kriegsdenkmäler

Bild Nr. 243. Das Kriegsdenkmal am Mühlburger Tor. Inschrift auf dem Sockel: 1914 bis 1918. Den im Kriege gefallenen Leibdragonern von ihren Kameraden.
Mir ist beim Zeichnen natürlich auch hier der Charakter der Statue nicht geglückt. Das Pferd hopst regelrecht lustig, anstatt sich dramatisch aufzubäumen (was der aufrecht, heldenhaft im Sattel sitzende Leibdragoner mit links zu zügeln weiß...), aber egal: Ich hab's versucht. Mir hätte anno Dickemilch niemals nie jemand eine Denkmalgestaltung anvertraut. Gut so. Wir hätten heute lustige Comic-Denkmälerchen, die die Menschen in Erinnerung und Wahrnehmung eher verunsichern und belustigen würden.Wobei: Verunsicherung (siehe unten) gibt's auch bei meisterhaft gestalteten Denkmälern und Belustigung hängt vom Humor der Menschen ab.

Bevor ich nun den Text "Karlsruher Kriegsdenkmäler" anfüge, der sich auf einen Gemeinderatsantrag der Karlsruher Grünen bezieht, zeige ich ein Foto vom Denkmal, dass man mal einen optischen Realitätsvergleich hat. Immerhin ist der Blickwinkel in etwa der gleiche wie auf der Zeichnung:

Reiterstandbild am Mühlburger Tor in Karlsruhe. Foto: Scherz-Schade
Puh! Da sieht man auch, dass mein Pferd viel zu dick und behäbig ist. Und mein Soldat kippt gleich nach hinten ab. Das Original ist echt besser. Warum ich das aufschreibe? Die heroische Ausgestaltung von Pose und Proportion des Denkmals erforderte ein sehr hohes künstlerisches Können, vor dem bis heute die Öffentlichkeit (zu recht, weil diese Kunst auch aufwendig und teuer ist) größten Repekt hat. Dieser Respekt erschwert es uns, das Denkmal in seiner inhaltlichen Aussage, die die Unmenschlichkeit des Krieges ausblendet, zu hinterfragen. Dem modernen, aufgeklärten Betrachter gelingt dies nur durch "Beuteverzicht", die hervorragend gekonnte künstlerische Ausführung als überholt und gestrig abzulehnen. So seh ich das. Bloß gut, dass Karlsruhe nicht allzu viele solche Denkmäler hat. 

Und hier nun der Artikel der Karlsruher Grünen von diesem Monat, August 2015: 
 
Karlsruher Kriegsdenkmäler

GRÜNE sind für eine Kommentierung

Mit einem Antrag setzt sich die Grüne Gemeinderatsfraktion dafür ein, Karlsruher Kriegsdenkmäler dahingehend zu überprüfen, ob sie heutigen zentralen Wertvorstellungen entsprechen. Dabei soll insbesondere die Ausrichtung der Gedenkkultur an Demokratie und Frieden berücksichtigt werden. 

„Es gibt im Stadtgebiet zahlreiche Denkmäler, die sich mit verschiedenen Kriegen und ihren Folgen befassen. Insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg, aber auch schon nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 entstanden steinerne Exponate der damaligen Gedenkkultur, die der Trauer von Familien und bürgerlichen Gemeinschaften über ihre getöteten Söhne, Ehemänner und Mitglieder Ausdruck verliehen – gleichzeitig häufig jedoch einem heute nicht mehr zu unterstützenden militaristischen und undemokratischen Weltbild folgen“, erläutert Stadtrat Michael Borner das Anliegen der GRÜNEN Gemeinderatsfraktion. 

So wird in Karlsruhe an mehreren Kriegsdenkmälern der Tod der Kriegsopfer nachträglich glorifiziert, um ihm dadurch scheinbar einen Sinn zu geben. Die Inschrift am Leibdragonerdenkmal am Mühlburger Tor lautet: DU STIRBST – BESITZ STIRBT – DIE SIPPEN STERBEN. EINZIG LEBT – WIR WISSEN ES – DER TOTEN TATENRUHM.   

An anderen Kriegsdenkmälern, wie etwa in Mühlburg, wird der Krieg verharmlost und idealisiert: Die Toten werden zu Helden verklärt, denen künftige Generationen nacheifern und ihrerseits in den Tod ziehen sollten. DAS TOTENMAL SPRICHT / DIENST AN DEUTSCHLAND IST PFLICHT / ARBEIT FÜRS VOLK IST GEWINN / BRAUCHT DEIN VOLK DEIN LEBEN / SO GIB ES HIN. 

Bei vielen Kriegsdenkmälern in Karlsruhe wird pauschal "DEN OPFERN" gedacht wie z. B. am Kriegerdenkmal Neureut. Auf diesen Denkmälern wird weder nach Tätern noch nach der Verantwortlichkeit für Kriegshandlungen gefragt. Gedacht wird lediglich deutscher Soldaten; Opfer deutscher Militärhandlungen in anderen Ländern werden nicht thematisiert.


„Wir schlagen daher vor, diese Kriegsdenkmäler künstlerisch oder durch Informationstafeln zu kommentieren. Auf diesem Weg bietet man den Besucher/innen des Denkmals historische Hintergrundinformation und regt sie zur kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte an“, so Stadtrat Joschua Konrad. (k.wolff)